Einleitung: Du siehst nicht die Welt – du siehst deine Interpretation
Die menschliche Wahrnehmung wird oft als Abbild der Realität missverstanden.
Doch neurowissenschaftliche und kognitionspsychologische Studien zeigen eindeutig:
Was wir als „Realität“ erleben, ist eine Konstruktion unseres Gehirns – geprägt durch vergangene Erfahrungen, emotionale Schemata und unbewusste Annahmen.
Deine individuelle Realität ist somit kein objektives Abbild der Außenwelt,
sondern das Ergebnis einer permanenten, unbewussten Vorverarbeitung.
Du reagierst nicht auf das, was ist, sondern auf das, was du daraus machst.
1. Wahrnehmung als Vorhersage: Das Prinzip des Predictive Coding
Das Gehirn ist kein passiver Empfänger von Sinnesreizen – sondern ein aktives Vorhersagesystem.
Nach dem Modell des Predictive Coding (Friston, 2005) erstellt dein Gehirn Hypothesen über die Umwelt und überprüft diese anhand sensorischer Daten.
Das heißt:
Du erlebst die Welt, wie dein Gehirn sie erwartet – nicht wie sie objektiv ist.
Diese Erwartungen basieren auf früheren Erlebnissen und emotionalen Bewertungen.
Je stärker ein inneres Muster ausgeprägt ist, desto wahrscheinlicher ist es,
dass du es in neuen Situationen erneut bestätigt bekommst.
2. Emotionale Schemata als Wahrnehmungsfilter
Die Psychotherapie spricht hier von sogenannten Schemata (Beck, 1976; Young, 2003).
Diese tief verankerten kognitiv-emotionalen Strukturen entstehen meist in der Kindheit
und beeinflussen massiv, wie wir Informationen verarbeiten, bewerten und erinnern.
Beispiel:
Wenn du in deiner Entwicklung häufig erlebt hast, nicht gesehen oder gehört zu werden,
kann sich ein Schema wie „Ich bin nicht wichtig“ ausbilden.
Dieses wird dann zur unbewussten Brille, durch die du die Welt betrachtest.
Konsequenz:
Selbst neutrale Situationen werden in dein inneres Weltbild eingeordnet –
und bestätigen es immer wieder, auch wenn es längst überholt ist.
3. Projektion statt Realität: Du erlebst dich selbst im Außen
In der Tiefenpsychologie (u. a. Jung, Freud) spricht man davon, dass wir
Anteile unseres Inneren auf andere Menschen und die Umwelt projizieren.
Was du an anderen störend, bewundernd oder beängstigend erlebst,
kann in vielen Fällen ein Spiegel ungelöster innerer Themen sein.
Diese Mechanismen laufen meist automatisiert ab – sie sind Teil deines neuronalen Codes.
Je stärker ein emotionales Muster in dir verankert ist, desto mehr wirst du es im Außen wiederfinden.
Nicht, weil es dort objektiv ist – sondern weil du darauf fokussiert bist.
4. Fazit: Realität ist keine Wahrheit – sondern ein Spiegel
Die moderne Psychologie und Neurowissenschaft machen deutlich:
Was wir erleben, ist eine durch unsere neuronalen Modelle gefilterte Realität.
Diese Filter – bestehend aus inneren Schemata, Erwartungen und emotionalen Prägungen –
lassen uns die Welt so erscheinen, wie wir sie bereits kennen.
Doch genau darin liegt auch die Chance:
Wenn du erkennst, dass du deine Realität unbewusst erzeugst,
kannst du beginnen, sie bewusst zu verändern.
Das bedeutet nicht, dass du dir „nur noch Schönes denken“ sollst.
Es bedeutet: Du kannst deine Filter, deinen inneren Code,
reflektieren, hinterfragen und – mit der richtigen Unterstützung – neu schreiben.
(Infobox)
Wissenschaftliche Quellen (Auszug):
Beck, A. T. (1976). Cognitive Therapy and the Emotional Disorders.
Friston, K. (2005). A theory of cortical responses. Philosophical Transactions of the Royal Society B
Young, J. E. et al. (2003). Schema Therapy: A Practitioner’s Guide.
Gregory, R. L. (1997). Eye and Brain: The Psychology of Seeing.
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